Sexuelle Belästigung in der Ausbildung
Ich bin in meinem ersten Praxiseinsatz, die dritte Woche ist gerade angebrochen. In diesem Frühdienst werden mir in der Übergabe vier Patient:innen übergeben. Schon jetzt bin ich auf mich alleine gestellt mit der Versorgung, Dokumentation und den Administrativen Aufgaben rund um die Patient:innen.
Eine Einarbeitung auf der Station habe ich nur über einen Tag bekommen. Die examinierten Pflegekräfte versuchen das Beste um meine Fragen zu beantworten, doch auch sie müssen viele Patient:innen versorgen und finden nicht mal Zeit zu der nötigen Dokumentation. Wie sollen dann Auszubildene noch angeleitet oder gar begleitet werden?
Ein Zimmer mit zwei älteren Patienten betreue ich nun seit einigen Tagen. Mit einem unguten Gefühl betrete ich das Zimmer schon am Morgen, denn in den letzten Tagen wurde ich mehrfach Betroffene von sexualisierten Aussagen und ebenso häufig „zufällig“ angefasst. Ebenso heute, immer wieder fallen Aussagen wie, „Kannst du deine Maske abnehmen, ich möchte gerne dein Lächeln sehen?“, Machst du Sport, du siehst du aus?“, „Hast du einen Freund?“, „Von dir werde ich so gerne gepflegt!“. Der Höhepunkt war die Aussage, er wolle nur von mit geduscht werden, „der jungen, blonden, großen Auszubildenen…“.
Mein Unwohlsein in dieses Zimmer zu gehen und besonders den Patienten bei einem
Duschgang zu unterstützen, machte ich im Team bekannt. Ich erzählte von den Vorfällen und fragte, ob jemand diese Patienten, insbesondere die Unterstützung bei dem Duschgang für mich übernehmen oder jedenfalls begleiten könnte. Es gab leider ein klares Nein von den anderen Pflegekräften, auch sie können gerade so die Grundpflege durchführen, die Übernahmen von weiteren Tätigkeiten: Daran sei nicht zu denken.
Ohnehin fallen Tag für Tag schon Überstunden an. Da ich als unerfahrene
Auszubildene es nicht besser wusste und ich auch nicht informiert wurde, nahm ich die Aufgabe mit Bauchschmerzen an.
Ich wurde trotz dieser Überfälle, mit dieser Aufgabe allein gelassen. Vor diesem Tag habe ich noch keinen Patienten selbstständig bei einem Duschgang begleitet. Auch die nächsten Tage musste ich dieses Zimmer betreuen.