Nachtdienst Allein in der Notaufnahme
In fast jedem meiner Nachtdienste alleine in der Chirurgischen Notaufnahme habe ich Angst das etwas schlimmes passiert, das einer meiner Patienten oder ich ernsthaft zu Schaden kommen, oder gar jemand stirbt.
An einen Nachtdienst werde ich mich noch sehr lange erinnern.
Zu dieser Zeit hatten wir eine Testphase, in der ich zwei Rufdienste hätte von zu Hause aus in die Klinik rein rufen können.
In unserer Notaufnahme arbeiten wir auf zwei Etagen, unten die Behandlungsräume und Dienstzimmer und im 1. OG der Schockraum mit zwei Plätzen und die Radiologie.
In dieser Nacht, ich hatte gerade den letzten Patienten nach Hause geschickt und konnte mich endlich mal ein paar Minuten hinsetzen, als das Telefon klingelte.
Es kündigte sich der Rettungsdienst mit zwei „leicht“ verbrannten Patienten, nach einem Autounfall auf einer Autobahn, an. Auf näheres Nachfragen, ob diese Patienten etwas für die normale Notaufnahme sind oder nicht doch für den Schockraum, sagte der Rettungsdienst nur ganz trocken „Achso, der dritte, sehr schwer verbrannte Patient komm bei euch über den Schockraum.“
Ich musste schlucken, sagte den Kollegen das ich alleine sei und wenn sie unbedingt alle drei Patienten zu uns in die Notaufnahme bringen müssten, dann müssen sie so lange unten warten, bis mein Rufdienst da sei. Es hieß von den Kollegen vom Rettungsdienst „ist ja kein Problem, die haben ja nichts! „
Ich legte auf, lief zum Schockraum, das Handy klingelte das nächste Mal, Die offizielle Schockraumankündigung – Schockraum, schwerstverbrannter Mann, intubiert und beatmet, sind in 10 Minuten da.
Schnell versuchte ich den Schockraum vorzubereiten und meinen ersten Rufdienst anzurufen.
Mist Rufdienst nicht erreichbar, geht nicht ans Telefon…
Gut dann der Zweite Rufdienst, erreicht. Rufdienst ist in spätestens 20 min da.
Gerade aufgelegt, und immer noch nichts vorbereitet da der Computer sich auch noch aufgehangen hatte, klingelte das Handy schon wieder.
Noch eine Schockraum Ankündigung, also hieß es: Doppelschockraum, der zweite Patient nach Autounfall mit 140 km/h auf der Autobahn, wach und ansprechbar, Verdacht auf Thorax und Beckentrauma.
Ich fiel aus allen Wolken, mit Tränen in den Augen und leichten Schnappatmungen musste ich mich jetzt irgendwie organisieren und funktionieren.
Gott sei Dank rief in dem Moment der Rufdienst zurück den ich zuerst nicht erreicht hatte, in spätestens 30 Minuten, der langen Anfahrt bedingt, konnte dieser da sein.
So hilflos und verloren habe ich mich in meiner ganzen Zeit in der Notaufnahme nicht gefühlt, ich hatte Angst, gleichzeitig war ich wütend und konnte wieder mal nicht verstehen, wie man es als Arbeitgeber verantworten kann das in einer Notaufnahme nachts eine Pflegekraft alleine steht.
Noch schnell irgendwie das im Schockraum vorbereitet was ich in der kurzen Zeit noch schaffen konnte, kamen auch schon die Kollegen vom Rettungsdienst zu mir hoch um mit mitzuteilen das die beiden leicht verbrannten Patienten unten in den Behandlungszimmern schon mal auf unseren Tagen liegen.
Dann kamen auch schon die zwei Schockraum Patienten nur ein paar Minuten nacheinander an, ich konnte mich aber nur um einen kümmern, musste also nach bestem Gewissen und Wissen priorisieren welches Schockraum Team jetzt meine Hilfe bekommt und welches einfach ohne Pflegekraft klar kommen muss.
Die zwei „leicht“ verbrannten Patienten mussten unten in den Behandlungszimmern mit starken Schmerzen warten, weil erstmal niemand anderes da war.
Ich bin bis heute einfach nur erleichtert das in dieser Nacht nichts Schlimmeres passiert ist.